Was genau ist Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit – ein Wort, das uns in den letzten Jahren immer häufiger in fast allen Bereichen unseres Lebens begegnet. Doch was heißt Nachhaltigkeit genau? Während wir im Alltagssprachgebrauch den Begriff u. a. mit Langlebigkeit und Umweltschutz verbinden, bezieht sich „nachhaltige Entwicklung“ auf den verantwortungsbewussten Umgang mit den begrenzten Ressourcen unserer Erde.

Der Begriff der Nachhaltigkeit geht auf den Freiberger Oberberghauptmann Carl von Carlowitz (1645–1714) und die Waldwirtschaft zurück. Carlowitz zufolge sollte in einem Wald nur so viel abgeholzt werden, wie sich binnen gewisser Zeit auf natürliche Weise regenerieren konnte.

Die Rede war von einer "klugen Art der Waldbewirtschaftung" und "einer beständigen und nachhaltenden Nutzung des Waldes". Dadurch sollte langfristig der Bestand des Waldes sichergestellt werden, welcher die Basis der Forstwirtschaft bildet. Der Grundstein zum Verständnis von Nachhaltigkeit als ressourcenökonomisches Prinzip war gelegt.

 Die Definition, die bis heute am weitesten verbreitet und anerkannt ist und somit als klassische Definition von Nachhaltigkeit gelten kann, hat ihren Ursprung im sogenannten Brundtland-Bericht von 1987, der erstmals formaljuristisch festschrieb:

"Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, daß künftige Generationen ihre Bedürfnisse nicht befriedigen können" - Brundtland-Komission

Die Vereinten Nationen hatten diese Kommission für Umwelt und Entwicklung 1983 unter der Leitung der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland eingesetzt. Der Auftrag lautete, langfristige Perspektiven für eine Entwicklungspolitik aufzuzeigen, die zugleich umweltschonend ist.

In dem Abschlussbericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ beschrieb die Kommission 1987 das Konzept einer nachhaltigen Entwicklung. Inhaltlich ist bei dieser Definition der Aspekt der globalen räumlichen wie zeitlichen Gerechtigkeit maßgebend. Es sollte eine gerechtere Verteilung von Wachstum und Wohlstand zwischen Nord und Süd angestrebt werden, denn die Kluft zwischen den „Wohlstandsbäuchen“ der reichen Länder des Nordens und den sogenannten „Hungerbäuchen“ der armen des Südens wurde immer evidenter.

Eine im Wirtschaftskontext mittlerweile geläufigere Definition lautet: Nachhaltigkeit bedeutet, nicht Gewinne zu erwirtschaften, die dann in Umwelt- und Sozialprojekte fließen, sondern Gewinne bereits umwelt- und sozialverträglich zu erwirtschaften.

Das zentrale Modell: Drei Säulen der Nachhaltigkeit

Im Laufe der konzeptionellen Auseinandersetzung um das Thema Nachhaltigkeit haben sich verschiedene Schemata herausgebildet, die das Prinzip Nachhaltigkeit darstellen sollen. Die bedeutsamsten sind das Drei-Säulen-Modell (in anderen Kontexten auch "Tripple-Bottom-Line" genannt)  und das Schnittmengen-Modell.

Im Drei-Säulen-Modell wird das Dach "Nachhaltigkeit" von den Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales getragen, wobei alle drei Dimensionen gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Wissenschaft bemühte sich deshalb mittels des Dreiklang-Modells den unauflösbaren Zusammenhang unter den Nachhaltigkeitsdimensionen herauszuarbeiten.

Ganz gleich, wie die drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie, Soziales voneinander differenziert werden – um dem Geiste, Prinzip und Kern von Nachhaltigkeit gerecht zu werden, gilt es stets, alle drei zusammenzuführen, zu verbinden – oder wie es auch häufig heißt, zu "integrieren" und auf allen Dimensionen nachhaltig zu handeln. Die drei Dimensionen sind dabei nicht austauschbar. Eine Kompensation von wenig nachhaltigem Handeln auf der ökologischen Dimension lässt sich nicht durch einen Mehraufwand auf der sozialen Dimension kompensieren.

Die ökonomische Dimension fokussiert Wirtschaftlichkeit und Gewinnmaximierung bei gleichzeitiger Erhaltung der verwendeten Ressourcen, um das Unternehmen langfristig profitabel zu halten. Die ökologische Dimension fokussiert eine rücksichtsvolle Verwendung der natürlichen Ressourcen und die Bewahrung der Natur. Die soziale Dimension befasst sich mit den Menschen in den Unternehmen und deren Humankapital, sowie die Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft.

Grundbegriffe der Nachhaltigkeit

Der “Ökolekt” im Nachhaltigkeitsdiskurs

  • „Carbon Leakage“ bezeichnet eine Situation, die eintreten kann, wenn Unternehmen aufgrund der mit Klimamaßnahmen verbundenen Kosten, z.B. durch Einführung eines CO2-Preises über den EU-ETS, ihre Produktion in andere Länder mit weniger strengen Emissionsauflagen verlagern.

    Dies könnte zu einem Anstieg ihrer Gesamtemissionen führen. In bestimmten energieintensiven Branchen kann das Carbon-Leakage-Risiko höher sein, weswegen z.B. die Stahlindustrie bisher teilweise kostenlose Emissions-Zertifikate aus dem EU-ETS erhielt.

    Nach: Europäische Kommission (19.07.2021)

  • Die Circular Economy (dt. Kreislaufwirtschaft, kurz CE) beschreibt ein Wirtschaftssystem, das vollständig ohne Abfallprodukte auskommen, da alle eingesetzten Ressourcen wieder in den Produktionsprozess einfließen.

    Dieses Prinzip beschrieb David W. Pearce, der Begründer der CE als “everything is an input to everything else”. So entstünden geschlossene Systeme, die im Gegensatz zu unserer heutigen Wirtschaft nicht auf die Zufuhr zusätzlicher Ressourcen angewiesen sind.

    Während eine vollständige Kreislaufwirtschaft derzeit noch für nicht realisierbar gehalten wird, ist eine Erweiterung und Verbesserung der Kreislaufwirtschaft möglich und erstrebenswert. So beschreibt die Europäische Kommission die Kreislaufwirtschaft als ein Wirtschaftssystem “where the value of products, materials and resources is maintained in the economy for as long as possible, and the generation of waste minimised.”

    Nach: CEPS (2017)

    Europäische Kommission (o.J.)

  • Die CO2-Bilanz (auch CO2-Fußabdruck) ist ein Maß für den Gesamtbetrag von Kohlenstoffdioxid, der indirekt oder direkt, unter Berücksichtigung sämtlicher Quellen und Senken durch eine Gesellschaft oder Aktivitäten eines Unternehmens unter zeitlicher und räumlicher Abgrenzung emittiert wird.

    Mithilfe der Umrechnung anderer Treibhausgase (Methan, Lachgas, etc.) in CO2-Äquivalente, können diese auch bilanziert werden. So kann der Beitrag von Gesellschaften und unternehmerischen Aktivitäten zum Treibhauseffekt bilanziert und treffende Maßnahmen zur Reduzierung des Beitrags mit Blick auf politische Zielsetzungen wie das 1.5°C Ziel von Paris ergriffen werden.

    CAALA GmbH (19.07.2021)

  • Unternehmen müssen in ihrer Berichterstattung bereits „wesentliche“ Informationen darüber offenlegen, wie sich gesellschaftliche und ökologische

    Entwicklungen negativ auf den Unternehmenserfolg (finanzielle Wesentlichkeit) auswirken können („Outside-in-Perspektive“).

    Die doppelte Wesentlichkeit erweitert diese Berichterstattungspflicht um jene Risiken und Wirkungen, die von Unternehmen verursacht werden und sowohl gesellschaftliche Wohlfahrt als auch biosphärische Zukunftsfähigkeit beeinträchtigen können (Nachhaltigkeitswesentlichkeit, „Inside-out-Perspektive“).

    Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, 2018 in Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung (19.07.2021)

  • Das EU Emissions Trading System (EU-ETS) ist ein Handelssystem für Emissions-Zertifikate mit festen Obergrenzen in der EU und damit das weltweit erste internationale Emissionshandelssystem.

    Das Gesamtvolumen der Emissionen bestimmter Treibhausgase (THG), die unter das EU-ETS fallende Unternehmen und ihren Anlagen in den Sektoren Energiewirtschaft, Industrie und innereuropäischer Flugverkehr ausstoßen dürfen, wird durch eine Obergrenze beschränkt. Die Obergrenze wird im Laufe der Zeit verringert, sodass die Gesamtemissionen zurückgehen.

    Innerhalb dieser Obergrenzen erwerben oder erhalten die Unternehmen Emissionszertifikate, mit denen sie nach Bedarf handeln können. Durch die Begrenzung der Gesamtzahl der verfügbaren Zertifikate wird sichergestellt, dass diese auch einen Wert haben.

    Für jede Anlage müssen am Jahresende genügend Zertifikate für ihre gesamten Emissionen abgegeben werden, anderenfalls drohen hohe Geldstrafen.

    Wurden die Emissionen einer Anlage reduziert, so können die überzähligen Zertifikate entweder für künftige Zwecke behalten oder an eine andere Anlage verkauft werden, die Zertifikate benötigt.

    Der Handel ermöglicht die nötige Flexibilität, damit Emissionen dort verringert werden, wo dies die geringsten Kosten verursacht („low hanging fruits“). Der CO2-Preis entsteht dann durch das marktwirtschaftliche Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage.

    Seit Anfang 2021 existiert in Deutschland ein nationaler Emissionshandel, der die durch das EU-ETS abgedeckten Sektoren um die Bereiche Verkehr und Gebäude bzw. Wärme erweitert.

    Unternehmen, die mit Brennstoffen wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel handeln, müssen seit dem 1. Januar 2021 dafür einen CO2-Preis bezahlen. Sie werden verpflichtet, für den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Produkte Emissions-Zertifikate zu erwerben.

    Nach:

    Europäisches Parlament (19.07.2021)

    Europäische Kommission (19.07.2021)

    Europäische Kommission (19.07.2021)

    Europäische Kommission, (19.07.2021)

    Deutsche Emissionshandelsstelle (19.07.2021)

  • Externe Effekte (Externalitäten) sind Kosten und Nutzen, die in der Produktion oder beim Konsum entstehen, jedoch nicht beim Verursacher anfallen, sondern bei Außenstehenden. Sie wirken am Markt vorbei und sind deshalb nicht in den Marktpreisen berücksichtigt.

    Beispiel: Emissionen von Luftschadstoffen durch Produktion oder Konsum (Verkehr) führen zu Nutzeneinbußen bei den Konsumenten von Atemluft.

    Das verusacht negative Kosten, wie beispielsweise höheren Bedarf an Lungenbehandlungen für das Gesundheitssystem. Saubere Luft ist knapper geworden, ohne dass das Preissystem darauf reagiert. Aufgrund des Charakters der Atemluft als öffentliches Gut entsteht kein Markt für dieses Gut und damit auch kein Marktpreis, der die gestiegene Knappheit signalisieren könnte. Bei Externalitäten handelt es sich nicht nur um negative Effekte. So kann die Eröffnung eines neuen Produktionsstandortes in der umliegenden Region zu Umsatzsteigerungen von weiteren Marktteilnehmern führen (wie Bäckereien, Apotheken etc.).

    Nach: Wirtschaftslexikon Wirtschaftslexikon (19.07.2021)

  • Klimaneutralität entspricht Netto-Null-CO2-Emissionen. Diese Neutralität ist erreicht, wenn die CO2-Emissionen des Unternehmens global durch zusätzliche menschliche CO2-Entnahmen über einen bestimmten Zeitraum ausgeglichen werden.

    Es soll ein Gleichgewicht zwischen den Emissionen und der Aufnahme in Kohlenstoffsenken („CO2-Speicher“) wie Böden, Wälder und Ozeanen hergestellt werden.

    Unternehmen können über die Vermeidung von Emissionen und deren Internaisierung oder Kompensation Klimaneutralität erreichen.

    Die erste Möglichkeit wird durch so weit wie möglich gehende Dekarbonisierung der Prozesse, beispielsweise durch Verringerung der Energienachfrage (Energieeffizienz) und Umstieg auf erneuerbare Energien, erreicht.

    Für das Geschäftsmodell unvermeidbare Emissionen können durch Investitionen in Projekte zur Gewinnung erneuerbaren Energien oder in den Aufbau zusätzlicher Kohlenstoffsenken (z.B. durch Waldaufforstung, dem Erhalt von Mooren oder die Investition in erneuerbare Energien) oder dem Handel mit Emissions-Zertifikaten kompensiert werden.

    Nach Europäisches Parlament (19.07.2021)

  • Impact Investments sind Investitionen, die neben dem Erwirtschaften einer finanziellen Rendite positive soziale und/oder ökologische Wirkungen erzielen und sie nachweisbar messen. Ziel von Impact Investments ist es, eine zusätzliche positive Veränderung hinsichtlich der internationalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

    Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, 2018 in Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung (19.07.2021)

  • Das IPCC wurde 1988 vom World Meteorological Organization (WMO) und dem United Nations Environment Programme (UNEP) gegründet, um die Politik mit wissenschaftlichen Einschätzungen über den aktuellen Stand des Wissens und der Erforschung des Klimawandels zu versorgen.

    Die regelmäßig erscheinenden Reports gelten in der Wissenschaft als fundierteste Darstellung des wissenschaftlichen Sachstandes bezüglich des naturwissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes über das Klima und seine Veränderungen sowie den Möglichkeiten des Umgangs damit.

    Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, 2018 in Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung (19.07.2021)

  • Stakeholder sind juristische oder natürliche Personen bzw. Personengruppen aus dem Umfeld der Organisation, die entweder einen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit haben oder aber aktuell oder in Zukunft erheblich von Aktivitäten, Produkten und/oder Dienstleistungen der Organisation betroffen sind. Dazu zählen beispielsweise Geschäftspartner/-innen, Mitarbeitende, Kund/-innen, Zulieferer, aber auch Kommunen, Parteien, Verbände, staatliche Organe, Nichtregierungsorganisationen, Finanzdienstleister, Kapitalgeber usw.Dabei werden zwischen internen, also im Inneren der Organisation agierende Personengruppen (beispielsweise Mitarbeitende, Führungskräfte, Gewerkschaftsvertreter/-innen), und externen Anspruchsgruppen, also außerhalb der Organisation agierende Interessensgruppen (z. B. Anlieger, Verbände, Medien, Wettbewerber) unterschieden.

    Nach: Deutscher Nachhaltigkeitskodex (03.08.2021)

  • Die Transformation im Sinne der Nachhaltigkeit bezeichnet den “umfassenden Umbau von Technik, Ökonomie und Gesellschaft, um mit den sozialen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts umzugehen”

    Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, 2018 in Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung (19.07.2021)

  • Der UN Global Compact ist eine Initiative für verantwortungsvolle Unternehmensführung der Vereinten Nationen. Die Unterzeichner des UNGC verpflichten sich zur Einhaltung von zehn Prinzipien, die Menschen- und

    Arbeitsrechte sowie Umwelt- und Korruptionsfragen thematisieren.

    Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, 2018 in Sustainable Finance Beirat der Bundesregierung (19.07.2021)

  • Bei der Betrachtung wirtschaftlicher Aktivität auf allen drei Ebenen der Nachhaltigkeit (siehe Drei-Säulen-Modell) wird deutlich, dass Unternehmen neben der ökonomischen Wertschöpfung häufig auch ökologische & ökologische Schadschöpfung (negative Wertschöpfung) betreiben, die in der eindimensionalen ökonomischen Betrachtung nicht berücksichtigt werden (wie im Abschnitt Externalitäten beschrieben). Beispiele für Schadschöpfung sind die Zerstörung von Ökosystemen oder die Beschleunigung des Klimawandels durch Produktionsprozesse, die Verursachung von Gesundheitsschäden und menschliches Leid durch unzureichende Arbeitsbedingung oder die Destabilisierung von Demokratie durch Korruption.

    Nach: Gabler Wirtschaftslexikon

Nachhaltigkeit im Zeitstrahl

Politischer Handlungsrahmen

Die politische Werkzeugkiste von Bundesrepublik und EU

  • 2015 verabschiedete die UN-Vollversammlung im Rahmen des UN-Nachhaltigkeitsgipfels die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Ziel ist es, innerhalb von 15 Jahren verschiedene Maßnahmen zu initiieren, um die Lebensverhältnisse auf dem gesamten Planeten zu verbessern. Gleichzeitig soll für künftige Generationen ein Schutz der Erde sichergestellt werden.

    Die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ stellt klar, dass sich die globalen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft meistern lassen, wenn die internationale Staatengemeinschaft kollektiv zusammenarbeitet. Die Agenda 2030 gilt sowohl für Entwicklungsländer, Schwellenländer und Industriestaaten. Sie verpflichte alle Länder dazu, einen Beitrag zur Zukunft des Planeten zu leisten.

    Die Eckpfeiler bilden weltweiter wirtschaftlicher Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und der Schutz der Umwelt. Entlang dieser drei Dimensionen – Wirtschaft, Gesellschaft, Umwelt – definiert die Agenda 30 insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele.

    Diese Ziele betreffen solch unterschiedliche Themen wie u. a. die Bekämpfung von Armut und Hunger, menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum sowie Maßnahmen zum Klimaschutz. Die 17 Ziele machen deutlich, wie weit der Begriff der nachhaltigen Entwicklung gefasst wird.

    Auch in Deutschland spielt das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle. Deutschland bekennt sich zur Agenda 2030 und den 17 Nachhaltigkeitszielen. Die Bundesregierung hat 2017 in der Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt, wie sie die Nachhaltigkeitsziele in Deutschland erreichen will und dafür 63 ergänzende Ziele beschlossen.

  • 1990 verursachten die Industrieländer rund 60 Prozent der globalen Emissionen, heute ist es nur noch etwa ein Drittel. 2030 werden Entwicklungsländer laut der Wissenschaft für rund drei Viertel der jährlichen globalen Emissionen verantwortlich sein.

    Das Kyoto-Protokoll von 1997, das als Meilenstein in der internationalen Klimapolitik gilt und bisher die Begrenzung von Treibhausgasen regelte, reicht heute nicht mehr aus. Es verpflichtet nur noch die EU und einige wenige andere Industrieländer rechtlich zu Emissionsminderungen. Damit sind weniger als 15 Prozent der globalen Emissionen abgedeckt.

    Das Pariser Klimaabkommen von 2015 ist die erste umfassende und rechtsverbindliche weltweite Klimaschutzvereinbarung und wurde von 196 Staaten und der EU unterzeichnet.

    Die Bundesrepublik Deutschland und die EU sind durch ihre Unterzeichnung und Ratifizierung des Abkommens völkerrechtlich an die Begrenzung der globalen Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit (1850-1900) auf deutlich unter 2°C, möglichst 1,5°C, gebunden.

    Diese Obergrenzen für die Erderwärmung sind damit erstmals in einem völkerrechtlichen Vertrag verankert. Zur Zielerreichung dürfen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden, als der Atmosphäre durch sogenannte Senken, wie z.B. Wälder, entzogen werden. Diese Treibhausgas-Neutralität kann nur dann erreicht werden, wenn die Weltwirtschaft sich rasch und konsequent dekarbonisiert. Ein weiteres Ziel des Vertrags: Die Staaten sollen sich besser an den Klimawandel anpassen und globale Finanzflüsse so gestalten, dass das Klima geschützt wird und die Widerstandsfähigkeit gegen die Folgen des Klimawandels steigt. Hier setzt das Sustainable Finance Framework an.

    Es geht im Pariser Klimaabkommen aber nicht nur um die Minderung von Emissionen. In Paris wurden auch Wege der Anpassung an den Klimawandel beschlossen. Die Staatengemeinschaft unterstützt Entwicklungsländer finanziell und technologisch, hilft beim Aufbau von Wissen und Know-how und beim Umgang mit klimawandelbedingten Schäden. Sie hilft den Verantwortlichen in diesen Ländern außerdem dabei, ordnungsgemäß über Klimaschutzmaßnahmen und Unterstützungsleistungen zu berichten. Im Abkommen von Paris finden sich auch umfassende Regelungen zum Waldschutz und es werden neue Formen für die internationale Kooperation auf Kohlenstoffmärkten etabliert.

    In dem Übereinkommen wird anerkannt, dass nicht zu den Vertragspartnern gehörende Interessenträger bei der Bekämpfung des Klimawandels eine wichtige Rolle spielen. Dazu zählen u. a. Städte, Behörden auf regionaler und kommunaler Ebene, die Zivilgesellschaft und die private Wirtschaft. Diese sind aufgerufen, ihre Anstrengungen zu verstärken und Maßnahmen zur Emissionsminderung zu unterstützen, ihre Widerstandsfähigkeit zu erhöhen und ihre Anfälligkeit gegenüber den negativen Folgen des Klimawandels zu vermindern, die regionale und internationale Zusammenarbeit fortzuführen und zu fördern.

    Mit dem Klimaabkommen wird ein Framework geschaffen, dass Transparenz schaffen und eine globale Bestandsaufnahme über die klimapolitischen Handlungen und Pläne in den Nationen ermöglichen soll: das enhanced transparency framework (ETF). Ab 2024 müssen die Nationen Reportings über ihre Handlungen und den Fortschritt in Bezug auf Klimawandelanpassungen, genaue Anpassungsmaßnahmen und die Hilfe, die sie von anderen Nationen etc. bekommen haben, verfassen. So ist eine globale Bestandsaufnahme möglich, die den Fortschritt zum Erreichen der vereinbarten Ziele abbilden kann und durch Feedbackmechanismen zu ambitionierteren Plänen in einzelnen Nationen führt.

    Die Klimastreiks von Fridays for Future klagen die Unvereinbarkeit des deutschen klimapolitischen Kurses und dem 1,5 °C-Ziel des Pariser Klimaabkommens an. Dabei stützen sie sich unter anderem auf die wissenschaftlichen Berichte des IPCC.

    Gefordert wird, dass das Pariser Abkommen als verbindliche Grundlage für effektive Klimaschutzmaßnahmen in internationaler Zusammenarbeit festgelegt wird. In der Politik soll sich der Gedanke der Klimagerechtigkeit widerspiegeln und die Klimapolitik soll sozial verträglich, also nicht zu Lasten von geringen Einkommen, gestaltet werden. Entscheidungen, die zu Lasten ärmerer Regionen und künftiger Generationen getroffen werden, sind inakzeptabel.

    Konkret werden für Deutschland eine Nettonull-Treibhausgasemission und eine zu 100% aus erneuerbaren Energien bestehende Energieversorgung bis 2035 gefordert.

    Desweiteren umfassen die Forderungen den Vollzug des deutschen Kohleausstieg bis 2030, die sofortige Abschaltung von einem Viertel der Kohlekraftwerke in Deutschland und die sofortige Terminierung der Subventionen für fossile Energieträger.

    Schließlich fordert Fridays for Future eine CO2-Steuer auf alle Treibhausgasemissionen von 180€ pro Tonne CO2. Der aktuelle Preis eines Emissionszertifikates im nationalen Emissionshandel beträgt circa 25€, der im EU ETS circa 52€ (Stand Juli 2021).

  • Der European Green Deal (Europäischer Grüner Deal) ist ein von der Europäischen Kommission unter Ursula von der Leyen am 11. Dezember 2019 vorgestellter, integrativer, politikfeldübergreifender Transformations- und Wachstumsplan, der das Wirtschaftswachstum der Europäischen Union von der Ressourcennutzung abkoppeln soll.

    Mit diesem Vorhaben der Europäischen Kommission sollen die UN SDGs der Agenda 2030 und das 1.5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens in europäisches Handeln übersetzt werden.

    Die EU setzt sich mit dem Green Deal das Ziel bis 2050 der erste netto-treibhausgasneutrale Kontinent der Welt zu sein. Damit nimmt die EU weltweit die Vorreiter-Rolle in der Generationen-Aufgabe Bekämpfung des Klimawandels ein und stellt Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der europäischen Politik.

    Der EU Green Deal umfasst Maßnahmen in allen Politikbereichen: von Klima- über Finanz-, Wirtschafts- und Industriepolitik, hin zu Energie- und Lebensmittelpolitik.

    Alle Maßnahmen sollen im Rahmen des EU Green Deals integriert, harmonisiert und auf die genannten Ziele ausgerichtet werden, um die europäische Wirtschaft zukünftig nachhaltig, ressourceneffizient und wettbewerbsfähig zu gestalten.

    Die EU hat mit dem Green Deal den Handlungsrahmen für Unternehmen, Institutionen und Organisationen in Europa nachhaltig verändert.

    Darin kommt den wirtschaftlichen Akteuren eine entscheidende Rolle in diesem Plan zu: Sie können selbst Treiber einer nachhaltigen Transformation werden, vorangehen und sich durch die schnelle Implementierung von Nachhaltigkeit in ihrem Wirtschaften einen Wettbewerbsvorteil sichern.

    Deutsche Unternehmen und ihre Mitarbeiter*innen können mit ihrer Innovationskraft, Erfindergeist und Wettbewerbsorientierung die Chancen dieser Umgestaltung nutzen und ihren eigenen Wertbeitrag dazu leisten.

    Der Zeithorizont erstreckt sich bis 2050. Konkretere Aktionspläne der Kommission werden Stück für Stück veröffentlicht. Daher sollten sich Unternehmen heute schon konkret mit den regulatorischen Risiken und unternehmerischen Chancen von Nachhaltigkeit in ihrem Unternehmen befassen.

  • Maxime der Regulatorik sind Transparenz und Vergleichbarkeit durch eine gemeinsame Definitionsgrundlage der nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten, um die Verfügbarkeit von reliablen Daten und nicht-finanziellen Informationen für Unternehmen, Investoren und Konsumenten zu erhöhen.

    Das Herzstück der Taxonomie ist eine Klassifikation von Wirtschaftsaktivitäten über ihre Nachhaltigkeit. Durch diese Definition soll Finanzmarktteilnehmern Vergleichbarkeit und Sicherheit in ihren Investitionsentscheidungen gegeben werden, sodass sie in Wirtschaftsaktivitäten oder Unternehmen investieren, die tatsächlich nachhaltig sind, um so Greenwashing zu verhindern. Die Taxonomie wird also in der nicht-finanziellen Berichterstattung sowie in der Offenlegung von Finanzprodukten angewandt.

    Die Taxonomie listet mehrere Kriterien auf, die kumulativ erfüllt sein müssen, damit eine Wirtschaftstätigkeit als nachhaltig gilt.

    Sie müssen einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele leisten. Das kann erstmal „nur“ Klimaschutz und Klimawandelanpassung (auch über Ermöglichende Tätigkeiten, sog. Enabling Activities z.B. Herstellung von Teilen für Windräder), bei gleichzeitiger nicht erheblicher Beeinträchtigung der jeweils anderen Umweltziele (do no significant harm-Kriterium DNSH) sein.

    Darüber hinaus muss die Wirtschaftstätigkeit den Mindestschutz für den Bereich Soziales, Arbeitswelt und Unternehmensführung erfüllen sowie die von der EU-Kommission in delegierten Rechtsakten festzulegenden technischen Bewertungskriterien (sog. Technical Screening Criteria EU taxonomy for sustainable activities | European Commission (europa.eu)).

    Taxonomie gilt auch für Realwirtschaft

    Dabei adressiert die Taxonomie auch realwirtschaftliche Unternehmen. Zunächst betrifft sie solche, die bereits durch die NFRD zur nicht-finanziellen Berichterstattung verpflichtet sind. Auf diese kommen 2022 zusätzliche Offenlegungsanforderungen für das Berichtsjahr 2021 zu. Dann werden große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personengesellschaften, börsennotierte Unternehmen, sowie große Kreditinstitute, Banken, Versicherungen und Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmer*innen zusätzlich zu den Berichtspflichten der NFRD ebenfalls aufgefordert sein eine Taxonomie zu verfassen. Es gilt, Konformität in Bezug auf bestimmte Betriebsgrößen wie Umsatz (Anteil des Umsatzes, der mit Taxonomie-konformen Produkten oder Dienstleistungen erwirtschaftet wurde) und Investitionskosten (Anteil der Investitionsausgaben, die mit gem. der EU-Taxonomie nachhaltigen Vermögenswerten oder Prozessen zusammenhängen, im Verhältnis zu den gesamten Investitionsausgaben und ggf. zu den Betriebsausgaben) offenzulegen.

  • Vorschlag der EU-Kommission (April 2021)

    Die CSRD baut auf der EU-CSR-Richtlinie (Direktive 2014/95/EU) / NFRD auf und erweitert diese signifikant:

    Alle großen Unternehmen, unabhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer*innen, sowie alle börsennotierten Unternehmen (außer Mikro-Unternehmen) fallen unter die Berichtspflicht. Mit dieser Änderung wären, statt wie bisher unter der NFRD ca. 11.700, fast 50.000 Unternehmen EU-weit berichtspflichtig.

    Die Kommission hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt, verpflichtende und rechtlich bindende EU Nachhaltigkeits-Reporting-Standards zu entwickeln.

    Zusätzlich will die Kommission eine Liste an Nachhaltigkeits-Informationen erarbeiten, die die unter die CSRD fallenden Unternehmen von kleinen und mittelgroßen Unternehmen in ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette abfragen können.

    EU-weite Audit-Anforderung an die nicht-finanzielle Berichterstattung. Zunächst sollen „limited assurance“-Anforderungen gelten, doch wenn die EU Nachhaltigkeits-Reporting-Standards in Kraft treten, werden diese zu „reasonable assurance“-Anforderungen.

    Bei der Verabschiedung dieser NFRD wurden keine bindenden Standards für die nicht-finanzielle Berichterstattung definiert – ein Fehler, den die Kommission mit dem CSRD-Vorschlag beheben will.

    Unter der CSRD sollen alle großen Unternehmen, unabhängig von der Anzahl der Arbeitnehmenden, sowie alle börsennotierten Unternehmen unter die Berichtspflicht fallen. Damit wären statt wie bisher ca. 11.700 fast 50.000 Unternehmen EU-weit berichtspflichtig und müssten zusätzlich ihre Taxonomie Konformität nachweisen. Des Weiteren sollen verpflichtende und rechtlich bindende EU-Nachhaltigkeits-Reporting-Standards entwickelt und EU-weite Audit-Anforderung an die nicht-finanzielle Berichterstattung gestellt werden.

  • Mit der SFRD will die EU die Gefahr von verfälschten Investitionsentscheidungen auf Grund von fehlender Vergleichbarkeit bannen und Etikettenschwindel durch Greenwashing-Marketingtricks verhindern.

    Die im März 2021 in Kraft tretende Verordnung nimmt Asset Manager, Versicherungen und Banken mit Portfolioverwaltung durch Offenlegungspflichten auf Unternehmens- sowie Produktebene in den Fokus.

    Im Zuge der SFDR werden Finanzprodukte in Zukunft in drei Kategorien unterteilt: Finanzprodukte mit ökologischen oder sozialen Merkmalen (light green), nachhaltige Finanzprodukte mit einer angestrebten Nachhaltigkeitswirkung (dark green) und sonstige Finanzprodukte.

    Dark green Produkte besitzen ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel (z.B. Reduktion von CO2 Emissionen), light green Produkte berücksichtigen dabei lediglich ökologische oder soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung.

    Falls ein Produkt einen ökologischen Nachhaltigkeitsaspekt verfolgt, ist ab 2023 ergänzend ein Taxonomie-Reporting vorzunehmen. Spätestens ab dem 30. Dezember 2022 ist die Berücksichtigung der nachteiligen Auswirkung auf Nachhaltigkeit (obligatorische Indikatoren z.B. Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch, Biodiversität) für alle Produkte offenzulegen (Principal Adverse Impacts on Sustainability).

    Mit der SFRD will die EU die Gefahr von verfälschten Investitionsentscheidungen auf Grund von fehlender Vergleichbarkeit bannen und Etikettenschwindel durch Marketingtricks (Greenwashing) verhindern.

    Die im März 2021 in Kraft tretende Verordnung nimmt Asset Manager, Versicherungen und Banken mit Portfolioverwaltung durch Offenlegungspflichten auf Unternehmens- sowie Produktebene in den Fokus.

    Im Zuge der SFDR werden Finanzprodukte in Zukunft in drei Kategorien unterteilt:

    Finanzprodukte mit ökologischen oder sozialen Merkmalen (light green),

    Nachhaltige Finanzprodukte mit einer angestrebten Nachhaltigkeitswirkung (dark green),

    sonstige Finanzprodukte.

    Dark green Produkte besitzen ein angestrebtes Nachhaltigkeitsziel (z.B. Reduktion von CO2 Emissionen), light green Produkte berücksichtigen dabei lediglich ökologische oder soziale Merkmale in der Investitionsentscheidung.

    Falls ein Produkt einen ökologischen Nachhaltigkeitsaspekt verfolgt, ist ab 2023 ergänzend ein Taxonomie-Reporting vorzunehmen.

    Ab spätestens 30. Dezember 2022 ist die Berücksichtigung der nachteiligen Auswirkung auf Nachhaltigkeit (obligatorische Indikatoren z.B. Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch, Biodiversität) für alle Produkte offenzulegen (Principal Adverse Impacts on Sustainability).

    Beschreibungen, Erläuterungen und Strategien über die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken (Ereignisse oder ESG-Faktoren, deren Eintreten erhebliche negative Auswirkungen auf den Wert einer Investition haben können), nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen von Investitionsentscheidungen oder ökologischen und sozialen Merkmalen und ob und wie ihre Vergütungspolitik im Einklang mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken steht, sind zukünftig auf Webseiten, in vorvertraglichen Informationen und in jährlichen Berichten zu

    veröffentlichen.

  • Europäischer, taxonomiekonformer Standard für nachhaltige (Unternehmens-)Anleihen als potentielle Finanzierungsmöglichkeit für Unternehmen

    Jedes Unternehmen, unabhängig von Sektor oder Branche, kann diese Bonds emittieren, solange das vorgestellte Projekt nachhaltig ist.

    Ein „Green Project“ nach dem EU GBS muss:

    • mindestens eines der sechs Umweltziele der Taxonomie Verordnung wesentlich fördern (Folie 11).

    • keines der anderen erheblich beeinträchtigen („Do No Significant Harm“-Regel – DNSH).

    • den erforderlichen Mindestschutz gewährleisten (z.B. UN Guiding Principles on Business and Human Rights).

    • den technischen Evaluierungskriterien entsprechen.

    • das Vorliegen der genannten Voraussetzungen von einem externen Prüfer bestätigen lassen.

    Beispiel: Nachhaltige Sanierung/Renovierung einer Immobilie

    • Umweltziel 1 Klimaschutz: 30% Netto Primärernergieeinsparung aus nicht-erneuerbaren Energiequellen im Vergleich zu vor der Sanierung.

    • Umweltziel 2 Klimawandelanpassung: Mindestens 50% der Projektausgaben müssen für Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz verwendet werden.

    • DNSH – Beispiel Umweltziel 6: Mindestens 80% des verwendeten Holzes muss recycelt, wiederverwendet oder als nachhaltig angebaut zertifiziert sein.

    • Renovierung von Gebäuden, welche als Ort der Extraktion, Lagerung, Transport oder Herstellung von fossilen Brennstoffen genutzt werden, sind als Projekte ausgeschlossen.

    Zusammenwirkung der Regulatorik des EU Green Deals

    Der grundsätzlich angestrebte Wirkmechanismus der Regulatorik zielt vor allem auf unternehmerische Finanzierungsbedingungen ab: Weist ein Unternehmen durch die nicht-finanzielle Berichterstattung glaubhaft nach, dass ein bestimmter Anteil seines Umsatzes oder seiner Investitionen taxonomiekonform ist, beziehungsweise nachhaltig erwirtschaftet wurde, soll dies von Finanzmarktakteuren, die selbst ihre Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in den Investitionsentscheidungen nachweisen müssen, wahrgenommen werden und zu mehr Investitionen in das Unternehmen führen.

    Aus der Taxonomie und nicht-finanzieller Berichterstattung können Konsequenzen für die Unternehmensreputation erwachsen, wenn beispielsweise entsprechende Offenlegungen zur Taxonomie-Konformität plus anderer nicht-finanzieller Informationen aus Sicht der Öffentlichkeit erklärungsbedürftig erscheinen. Umgekehrt sind Reputations- und Wettbewerbsvorteile durch den aus den Berichten abgeleiteten Nachweis über nachhaltiges Wirtschaften denkbar.

  • Neuerungen im Emissionshandel

    Das EU Emissions Trading System (EU ETS) deckt aktuell ca. 40 Prozent aller EU Emissionen ab, die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie und der innereuropäische Flugverkehr fallen darunter. Über dieses Handelssystem für Berechtigungsscheine zum CO2-Ausstoß (CO2-Zertifikate) entsteht der CO2-Preis.

    Dieses System ist nach Expertenmeinung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des deutschen Rates für Nachhaltige Entwicklung der marktwirtschaftlich effizienteste Weg zur Emissionsreduktion.

    Die Kommission schlägt nun vor, dass die Emissionsziele in den Sektoren des EU ETS von 43% bis zum Jahr 2030 auf 62% erhöht werden sollen.

    Zusätzlich soll der lineare Reduktionsfaktor von 2,2% auf 4,2% steigen, was konkret heißt, dass jedes Jahr 4,2% weniger CO2-Zertifikate emittiert werden.

    Einige besonders emissionsintensive Industriezweige, wie die Stahlindustrie, bekommen bisher kostenlose Zertifikate um Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Diese freie Zuteilung soll bis 2036 auslaufen, dafür werden die kostenlosen Zertifikate ab 2026 jährlich um 10% reduziert und mit der Integration in den CBAM ausgeglichen.

    Die EU Kommission will den Schiffsverkehr in den EU ETS integrieren und ab 2026 einen zweiten Emissionshandel für die Sektoren Transport und Gebäude einführen. Diese Sektoren werden von dem nationalen Emissionshandel in Deutschland seit Anfang 2021 abgedeckt.

    Dieser geplante Emissionshandel für Gebäude und Verkehr setzt bei den Rohstoffen, z.B. Benzin und Heizöl, an und wird deren Preis nach oben treiben. Damit Staaten und Haushalte mit niedrigerem Wohlstandsniveau nicht stärker belastet werden, will die Kommission einen Klima-Sozialfonds schaffen.

    In diesen Fond sollen 25% der Einnahmen aus dem neuen Emissionshandel fließen, geschätzt etwa 70 Milliarden Euro in den Jahren von 2025 – 2032. Die Staaten sollen damit Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien unterstützen, wie Programme zur Modernisierung und Sanierung von Gebäuden oder dem Kauf von Elektroautos.

    Ein CO2-Grenzausgleich für Importe

    Die Kommission will einen Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), eine CO2-Grenzausgleichssteuer, auf Importe in die EU erheben, um Carbon Leakage zu verhindern, Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und Emissionen zu senken.

    Über die Einführung eines solchen Mechanismus wird schon länger in der EU diskutiert, die Stiftung Wissenschaft und Politik hat beispielsweise Empfehlungen und Fallstricke für die Ausgestaltung des CBAM veröffentlicht.

    Der CBAM wird erstmal eine Testphase von 2023 – 2025 durchlaufen und dann ab 2026 proportional zu den reduzierten kostenlosen Zertifikaten eingeführt werden. Ab 2036 soll der CBAM dann voll greifen.

    Erstmal fallen nur Sektoren mit hohen Emissionen und einem hohen Risiko von Carbon Leakage unter den CBAM: Stahl, Zement, Dünger, Aluminium und Strom.

    EU-Importeure müssen dann CO2-Zertitikate zu dem Preis erwerben, welchen sie hätten zahlen müssen, wenn das importierte Produkt in der EU hergestellt worden wäre. Falls das Herkunftsland des importierten Produktes einen eigenen CO2-Preis erhebt, wird dieser mit dem CBAM verrechnet.

    EU-Importeure sollen sich bei den nationalen Behörden registrieren und CBAM-Zertifikate kaufen. Am 31. Mai eines jeden Jahres müssen sie die Warenmengen und die in diesen Waren enthaltenen Emissionen für das vorangegangene Jahr deklarieren und die passende Menge an Zertifikaten vorlegen.

    Der CBAM-Preis wird die durchschnittliche Höhe des EU ETS Auktions-Preises der Kauf-Woche haben.

    CO2-Flottengrenzwerte haben sich in der Vergangenheit als effektives Instrument zur Verbreitung von Elektroautos und der Verbesserung der Fahrzeugeffizienz in der EU erwiesen.

    Nach aktuellen Gesetzen müssen die Auto-Hersteller die durchschnittlichen CO2-Emissionen ihrer Neuwagenflotte bis 2030 um 37,5% senken. Dieses Ziel will die Kommission mit dem „Fit for 55“-Paket auf 55% anheben.

    Ab 2035 dann sollen nur noch CO2-neutrale Neuwägen zugelassen werden. Dieses Nullemissions-Ziel soll 2028 noch einmal mit Blick auf die Entwicklungen bis dahin evaluiert und diskutiert werden.

    Zusätzlich will die EU Kommission die Mitgliedsstaaten zum Ausbau der Ladeinfrastruktur verpflichten, damit die Umstellung auf Elektroautos leichter fällt. Ab 2030 soll an den Autobahnen und anderen wichtigen Schnellstraßen alle 60 Kilometer eine leistungsstarke Ladestation stehen.

  • Die Nachhaltigkeitsstrategie bestimmt den Kurs für eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland und wurde erstmals 2002 beschlossen und seitdem regelmäßig fortgeschrieben.

    Die Leitlinien der Nachhaltigkeit

    Leitlinien der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie sind Generationengerechtigkeit, Lebensqualität, sozialer Zusammenhalt und internationale Verantwortung. Zu diesen Leitlinien wurden in der Strategie Indikatoren mit mittelfristigen und langfristigen Vorgaben festgelegt.

    Basis der Nachhaltigkeitsstrategie ist ein ganzheitlicher, integrativer Ansatz: Nur wenn die Wechselwirkungen zwischen den drei Nachhaltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales beachtet werden, lassen sich langfristig tragfähige Lösungen erreichen. Die Strategie zielt auf eine wirtschaftlich leistungsfähige, sozial ausgewogene und ökologisch verträgliche Entwicklung, wobei die planetaren Grenzen der Erde zusammen mit der Orientierung an einem Leben in Würde für alle die absoluten Leitplanken für politische Entscheidungen bilden.

    Die Vereinten Nationen haben sich erstmals 1992 zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung bekannt. In Rio de Janeiro verabschiedeten sie ein globales Aktionsprogramm: die "Agenda 21", mit der sich jeder der über 170 Unterzeichnerstaaten bereit erklärte, dieses Leitbild national in alle Politikbereiche unter Beteiligung von Gesellschaft und Wirtschaft zu integrieren und umzusetzen. Auch Deutschland hat unterzeichnet und 2002 die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie "Perspektiven für Deutschland" vorgelegt. Seitdem ist eine nachhaltige Entwicklung als zentrales Ziel des Regierungshandelns und Verwaltungshandelns verankert. Ein 2010 beschlossenes Maßnahmenprogramm benannte Aufgaben und Ziele, um die Nachhaltigkeitsziele im Verantwortungsbereich der Bundesregierung zu erreichen.

    Die Nachhaltigkeitsstrategie und die einzelnen Maßnahmen werden fortlaufend weiterentwickelt. Hierzu veröffentlicht die Bundesregierung alle vier Jahre Fortschrittsberichte, alle zwei Jahre informieren Indikatorenberichte über Entwicklungen in den Kernbereichen nachhaltiger Politik in Deutschland.

    Zuletzt hat die Bundesregierung die Strategie 2016 gründlich überarbeitet und die Aktualisierung 2018 beschlossen. Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie ist durch die Orientierung an den UN SDGs nun deutlich internationaler ausgerichtet.

    Die Umsetzung und Zielerreichung der UN SDGs wird durch Maßnahmen auf drei Ebenen angestrebt. Neben Maßnahmen mit Wirkung in Deutschland geht es um Maßnahmen durch Deutschland mit weltweiten Wirkungen. Hinzu kommt die Unterstützung anderer Länder in Form der bilateralen Zusammenarbeit (Maßnahmen mit Deutschland). 2021 wurde die Nachhaltigkeitsstrategie nochmal minimal weiterentwickelt.

    Seit der Aktualisierung von 2018 gelten die sechs "Prinzipien einer nachhaltigen Entwicklung". Diese enthalten grundsätzliche Anforderungen an eine nachhaltige Politik. Sie dienen der Operationalisierung des Leitprinzips einer nachhaltigen Entwicklung und orientieren sich an der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung vor dem Hintergrund eines dringend erforderlichen Wandels der Gesellschaft und Wirtschaft.

    1. Nachhaltige Entwicklung als Leitprinzip konsequent in allen Bereichen und bei allen Entscheidungen anwenden

    2. Global Verantwortung wahrnehmen

    3. Natürliche Lebensgrundlagen erhalten

    4. Nachhaltiges Wirtschaften stärken

    5. Sozialen Zusammenhalt in einer offenen Gesellschaft wahren und verbessern

    6. Bildung, Wissenschaft und Innovation als Treiber einer nachhaltigen Entwicklung nutzen

    Die Übersetzung der UN SDGs in konkrete Maßnahmen und Indikatoren werden an einigen Beispielen verdeutlicht:

    Das erste SDG sieht vor, dass die Armut in allen ihren Formen und überall beendet wird. Als einen Indikator hat die Bundesregierung die materielle Deprivation gewählt und dessen Ziel formuliert den Anteil der Personen, die materiell depriviert sind, bis 2030 deutlich unter dem durchschnittlichen EU-27-Wert zu halten.

    Das dreizehnte SDG sieht umgehende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen vor. Ein ausgewählter Indikator sind hier die Treibhausgasemissionen. Das Ziel für diesen Indikator ist kongruent zu dem deutschen Klimaschutzgesetz von 2019, das Emissionsminderungen gegenüber 1990 um mindestens 40% bis 2020,

    um mindestens 55% bis 2030 und Erreichung von Treibhausgasneutralität bis 2050 vorsieht.

    Diese Zielformulierungen werden von Erklärungen zum Status quo der politischen Bestrebungen zur Zielerreichung und prospektiv geplanten politischen Projekten und Maßnahmen begleitet.

    Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie begreift die Nachhaltigkeit in ihrer Dimensionalität in Ökonomie, Ökologie und Sozialem und gibt einen Rahmen und die Richtung des politischen Handelns in Deutschland, wie z.B. in der Klima- oder Finanzpolitik, vor.

  • Die Klimapolitik und die langfristige Strategie der Bundesrepublik Deutschland sind auf Kongruenz mit den Zielen des EU Green Deals, des Europäischen Klimagesetzes und des Pariser Klimaabkommens ausgerichtet.

    Das Klimaschutzgesetz (KSG) von 2019 schrieb Emissionsminderung gegenüber 1990 um mindestens 40% bis 2020 und um mindestens 55% bis 2030 mit der Zielstellung von Treibhausgasneutralität bis 2050.

    In einem richtungsweisenden und Präzedenzfall setzenden Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Paragrafen 3 Absatz 1 Satz 2 und 4 Absatz 1 Satz 3 des Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 in Verbindung mit Anlage 2 für mit den Grundrechten als unvereinbar erklärt, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt. Das heißt, der Gesetzgeber wird im Urteil verpflichtet, spätestens bis zum 31. Dezember 2022 die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 zu regeln.

    Mit Blick auf die Minderungsziele bis zum Jahr 2030 weist das Bundesverfassungsgericht in der Urteilsbegründung zudem darauf hin, dass Klimaschutzmaßnahmen, die gegenwärtig unterbleiben, in Zukunft unter möglicherweise noch ungünstigeren Bedingungen ergriffen werden müssten und dann Freiheitsbedürfnisse und -rechte künftiger Generationen weit drastischer beschneiden würden. Das bisherige KSG beschneide demnach den vor allem in Artikel 20a des Grundgesetzes festgelegten Grundsatz der Generationengerechtigkeit.

    Das Grundgesetz verpflichtet zur Sicherung grundrechtsgeschützter Freiheit über die Zeit und zur verhältnismäßigen Verteilung von Freiheitschancen über die Generationen.

    Aufgrund dessen sind die Grundrechte mit einer einseitigen Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft unvereinbar. Generationsübergreifende Gerechtigkeit und Freiheit wird damit festgeschrieben.

    Argumentationen wie „Der Anteil von CO2-Emissionen in Deutschland an den weltweiten CO2-Emissionen beträgt weniger als zwei Prozent – andere tun viel weniger für den Klimaschutz als wir!“ schiebt das Urteil ebenfalls einen Riegel vor: Die nationale Klimaschutzverpflichtung steht nicht im Gegensatz zum globalen Charakter des Klimawandels, der eine „Lösung“ des Problems durch ein Land allein ausschließt. Es gibt eine verfassungsrechtliche Notwendigkeit eigene Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.

    In Reaktion auf dieses Urteil und die Anhebung des EU-Klimaziels für 2030 von mindestens 40% auf eine Emissionsreduktion von mindestens 55% hat das Bundeskabinett im Mai 2021 das KSG novelliert.

    Die Gesetzesänderung sieht vor, die Zielvorgaben für weniger CO2-Emissionen anzuheben. Das Minderungsziel gegenüber dem Jahr 1990 für 2030 steigt um 10 Prozentpunkte auf mindestens 65%.

    Für das Jahr 2040 gilt ein Minderungsziel von mindestens 88% gegenüber 1990. Auf dem Weg dorthin sieht das Gesetz in den 2030er Jahren konkrete jährliche Minderungsziele vor. Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland Treibhausgasneutralität erreichen, was das ursprüngliche Ziel um fünf Jahre nach vorne zieht. Nach dem Jahr 2050 strebt die Bundesregierung negative Emissionen an. Dann soll Deutschland mehr Treibhausgase in natürlichen Senken einbinden, als es ausstößt.

    Begleitend zur Novelle des Klimaschutzgesetzes hat die Bundesregierung eine Erklärung zum „Klimapakt Deutschland“ verabschiedet. Um die mit dem Klimaschutzgesetz 2021 beschlossenen Ziele erreichen zu können, sind zahlreiche unterstützende Maßnahmen in den verschiedenen Sektoren notwendig. Die Bundesregierung hat vor hierzu ein Sofortprogramm vorzulegen. Schwerpunkte der Maßnahmen liegen in den Bereichen Industrie, klimafreundliche Mobilität, Landwirtschaft und im Gebäudebereich. Ein zusätzliches Fördervolumen im Umfang von bis zu 8 Milliarden Euro ist dafür vorgesehen.

    Weg zur Klimaneutralität

    Die Bundesregierung will mit dem novellierten Klimaschutzgesetz nicht nur mehr Generationengerechtigkeit, sondern auch mehr Planungssicherheit schaffen. Der Weg zur Klimaneutralität ist nun noch detaillierter festgelegt. Die Meilensteine im Überblick: Der Fahrplan für die Fortschreibung der sektorspezifischen Emissionsminderungsziele sieht wie folgt aus:

    • 2024: Festlegung der jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die Jahre 2031 bis 2040

    • Spätestens 2032: Festlegung der jährlichen Minderungsziele für die Jahre 2041 bis 2045

    • 2034: Festlegung der jährlichen Minderungsziele pro Sektor für die letzte Phase bis zur Treibhausgasneutralität von 2041 bis 2045

    Bis 2030 wurden die verbindlichen sektorspezifischen Jahresziele, für welche die jeweiligen Ressorts zuständig sind, festgeschrieben:

    • Sektor Energiewirtschaft: Von 280 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 zu 108 im Jahr 2030.

    • Sektor Industrie: Von 186 Millionen Tonnen CO 2 im Jahr 2020 zu 118 im Jahr 2030.

    • Sektor Verkehr: Von 150 Millionen Tonnen CO 2 im Jahr 2020 zu 85 im Jahr 2030.

    • Sektor Gebäude: Von 118 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 zu 67 im Jahr 2030.

    • Sektor Landwirtschaft: Von 70 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 zu 56 im Jahr 2030.

    • Sektor Abfallwirtschaft und sonstiges: Von 9 Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2020 zu 4 im Jahr 2030.

  • Die Bundesregierung hat Anfang Mai 2021 ihre Sustainable Finance Strategie für Deutschland präsentiert. Damit hat sie eine lang erwartete Weichenstellung hin zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit vorgenommen. In diesem Abschnitt werden die Zielsetzungen und Maßnahmen mit direkter Relevanz für Unternehmen skizziert.

    Unter Sustainable Finance versteht die Bundesregierung, dass private und staatliche Akteure am Finanzmarkt Nachhaltigkeitsaspekte bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Nachhaltigkeit inkludiert hier den Klima- und Umweltschutz (Green Finance), aber auch ökonomische und soziale Aspekte (ESG-Ansatz - Environment-, Social- und Governance-Aspekte).

    Klarer Ordnungsrahmen

    Als Orientierungsrahmen für die Strategie und die konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung fünf übergeordnete Ziele definiert:

    Ziel 1: Sustainable Finance weltweit und europäisch voranbringen.

    Ziel 2: Chancen ergreifen, Transformation finanzieren, Nachhaltigkeitswirkung verankern.

    Ziel 3: Risikomanagement der Finanzindustrie gezielt verbessern und Finanzmarktstabilität gewährleisten.

    Ziel 4: Finanzstandort Deutschland stärken und Expertise ausbauen.

    Ziel 5: Bund als Vorbild für Sustainable Finance im Finanzsystem etablieren.

    Die formulierten Maßnahmen sollen kurz-, mittel- und langfristig zur Erreichung dieser Ziele beitragen: Bei Finanzierungen über den Kapitalmarkt müssen relevante Unternehmensinformationen vergleichbar und qualitätsgesichert veröffentlicht werden. Aber auch bei Finanzierungen über klassische Bankkredite müssen solche Unternehmensinformationen vorliegen.

    Deswegen will die Bundesregierung die Überarbeitung der EU-CSR-Richtlinie (Direktive 2014/95/EU) / „Non-financial reporting directive (NFRD)“ durch die Europäische Kommission dahingegend beeinflussen, dass die nicht-finanzielle Berichterstattungspflicht auf alle Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkten Personenhandelsgesellschaften, die bilanzrechtlich groß oder Mutterunternehmen einer bilanzrechtlich großen Gruppe sind, sowie auf alle Unternehmen, die an regulierten Märkten in der EU notiert sind, ausgeweitet wird.

    Doppelte Wesentlichkeit kommt

    Die nicht-finanziellen Informationen sollen verpflichtend in den (Konzern-)Lagebericht aufgenommen werden und dort einen gesonderten Abschnitt bilden. In der Berichterstattung soll die doppelte Wesentlichkeit etabliert werden.

    Darüber hinaus sollen verbindliche EU-Berichtsstandards ausgearbeitet werden, die das ganze Spektrum der Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen und sich auf relevante und ggf. branchenspezifische Indikatoren und Metriken fokussieren. Als Orientierungsrahmen dienen die bereits bestehenden globalen Rahmenwerke und Standards (z.B. Standards der Global Reporting Initiative).

    Eine inhaltliche Prüfung der nicht-finanziellen Informationen soll verpflichtend durch den/die (Konzern-)Abschlussprüfer*in durchgeführt werden.

    Diese Maßnahme weist große Ähnlichkeit mit dem Vorschlag der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der NFRD auf.

    Die Kreditanstalt für Wiederaufbau wird zur Förderbank der Transformation

    Die KfW soll zu einer Förderbank der Transformation umfunktioniert werden, die systematisch in die Chancen der Transformation investiert. Außerdem will die Bundesregierung einen Zukunftsfond auflegen, der nach ESG-Standards in StartUps im Bereich Zukunftstechnologien investiert. Ebenso setzt sie sich dafür ein, dass Nachhaltigkeitsaspekte bei der Betrachtung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit und volkswirtschaftlichen Förderwürdigkeit von z.B. Bürgschaftsbanken stärker miteinbezogen werden.

    Als nachhaltiger Investor wird der Bund die Sondervermögen, wie Versorgungsrücklage und Versorgungsfonds des Bundes, Versorgungsfonds der Bundesagentur für Arbeit sowie Vorsorgefonds der sozialen Pflegeversicherung im Rahmen des beschlossenen Nachhaltigkeitskonzeptes durch Aktienanlagen in Nachhaltigkeitsindizes zeitnah umwidmen. Nicht zuletzt will der Bund weitere Grüne Bundesanleihen mit verschiedenen Laufzeiten emittieren.

    Transformation bis auf die regionale Ebene

    Das globale Thema Nachhaltigkeit spielt auch auf regionaler Ebene eine gewichtige Rolle. Die Bundesländer und ihre Landesbanken und Landesförderinstituten sollen die Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Kapitalanlage und die Aktualisierung bzw. Konkretisierung der Gemeinwohlorientierung öffentlich-rechtlicher Finanzunternehmen, wie den Kreissparkassen, vorantreiben.

    Unternehmen müssen sich mit ihrer Nachhaltigkeit beschäftigen, nicht nur diejenigen, die unter die Berichtspflicht fallen. Berichtspflichtige Unternehmen müssen auch Nachhaltigkeits-Risiken in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten abfragen und berichten.

Juristische Entscheidungen zur Nachhaltigkeit

Demokratische Institutionen und der Klimaschutz

24. März 2021: Das Bundesverfassungsgericht stuft das Klimaschutzgesetz von Union und SPD als verfassungswidrig ein

In ihrer Pressemitteilung begründet das BVG die Entscheidung damit, dass “die Regelungen des Klimaschutzgesetzes vom 12. Dezember 2019 (Klimaschutzgesetz <KSG>) über die nationalen Klimaschutzziele und die bis zum Jahr 2030 zulässigen Jahresemissionsmengen insofern mit Grundrechten unvereinbar sind, als hinreichende Maßgaben für die weitere Emissionsreduktion ab dem Jahr 2031 fehlen.”

Zum ersten Mal trägt eine Umwelt-Verfassungsbeschwerde beim wichtigsten deutschen Gericht Erfolg, die Zeit Online titelte dazu: “Es gibt ein Recht auf Zukunft”.

Berichterstattung für Unternehmen

Worauf Unternehmen heute und künftig achten sollten

  • CSR beschreibt die unternehmensethische Frage nach der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen (Bewusstwerdung und Erwartungserfüllung) - Durch die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung positionieren sich Unternehmen als gute Partner in der Gesellschaft und schaffen damit Voraussetzungen für langfristigen Erfolg.

    Die EU-CSR-Richtlinie (Direktive 2014/95/EU) oder „non-financial reporting directive (NFRD)“ wurde 2017 in deutsches Recht (CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz) umgesetzt.

    Richtet sich an große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personengesellschaften, börsennotierte Unternehmen, sowie große Kreditinstitute, Banken und Versicherungsunternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmer*innen (ca. 11.700 EU-weit).

    Indirekt auch an kleinere Unternehmen, da im Rahmen der Berichterstattung auch Risiken in Lieferketten zu erfassen sind, infolgedessen die berichtspflichtigen Unternehmen Informationen über die CSR-Leistung ihrer Geschäftspartner benötigen und abfragen müssen.

    Verpflichtet zur Offenlegung nichtfinanzieller Informationen und Risiken des Geschäftsmodells zu Arbeitnehmer-, Sozial- und Umweltbelangen, zur Achtung der Menschenrechte, zur Korruptionsbekämpfung und Diversität in Leitungsorganen (Alter, Geschlecht, akademischer/professioneller Hintergrund), sowie zu den Konzepten, welche die Unternehmen in Bezug auf diese Belange verfolgen.

    Etabliert doppelte Materialität in der Berichterstattung.

    Es wurden keine bindenden Richtlinien für die Berichterstattung von der EU definiert. Die Unternehmen können sich an internationalen Standards wie dem UN Global Compact orientieren, sind aber flexibel und frei in der Art und Weise der Berichterstattung.

  • “Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)” - Vorschlag der EU-Kommission (April 2021)

    baut auf der EU-CSR-Richtlinie (Direktive 2014/95/EU) / NFRD auf und erweitert diese signifikant:

    Alle großen Unternehmen, unabhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer*innen, sowie alle börsennotierten Unternehmen (außer Mikro-Unternehmen) fallen unter die Berichtspflicht. Mit dieser Änderung wären, statt wie bisher unter der NFRD ca. 11.700, fast 50.000 Unternehmen EU-weit berichtspflichtig.

    Die Kommission hat die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) beauftragt verpflichtende und rechtlich bindende EU Nachhaltigkeits-Reporting-Standards zu entwickeln.

    Zusätzlich will die Kommission eine Liste an Nachhaltigkeits-Informationen erarbeiten, die die unter die CSRD fallenden Unternehmen von kleinen und mittelgroßen Unternehmen in ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette abfragen können.

    EU-weite Audit-Anforderung an die nicht-finanzielle Berichterstattung. Zunächst sollen „limited assurance“-Anforderungen gelten, doch wenn die EU Nachhaltigkeits-Reporting-Standards in Kraft treten, werden diese zu „reasonable assurance“-Anforderungen.

  • Kriterien aus dem Finanzsektor für die Bewertung von Unternehmen für Investoren.

    ESG Kriterien haben für Investoren einen MehrWert, der über ein gutes Gewissen hinaus geht.

    Durch den Einbezug dieser Kriterien in potenzielle Investmententscheidungen werden Unternehmen ausgeschlossen, deren Geschäftspraktiken und Geschäftsmodelle in einer immer mehr auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Zukunft systemische Risiken darstellen.

    Durchschnittlich schneiden ESG-Portfolios in Sachen Rendite nicht schlechter ab als herkömmliche Produkte – oftmals sind sie sogar besser: ESG-Portfolios schwanken weniger in ihrem Wert, da Unternehmen, die vorausschauend und nachhaltig agieren, eine verantwortungsvolle Führung praktizieren und nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausgerichtet sind, häufig solider aufgestellt sind.

    Vorgehensweisen in der Praxis:

    Best-in-Class-Ansatz

    zielt darauf ab, gezielt in diejenigen Unternehmen einer Branche zu investieren, die bei der Umsetzung von ESG-Kriterien führend sind. Die Emittenten werden zu diesem Zweck von Ratingagenturen anhand bestimmter ESG-Kriterien beurteilt und ein Ranking erstellt. Investiert wird nur in diejenigen Wertpapiere, deren Herausgeber besonders gut abschneiden (Positive Screening).

    Ausschlusskriterien

    Die Hauptkritik am Best-in-Class-Ansatz lautet, dass grundsätzlich alle Sektoren in Betracht kommen, also etwa auch Rüstung, Ölförderung, Tabak oder Glücksspiel. In einem erweiterten Ansatz werden daher über ein Ausschlussverfahren (Negative Screening) kontroverse Firmen oder Branchen herausgefiltert, oder solche, die bestimmten ethischen Anforderungen nicht entsprechen (z.B. Verzicht auf Tierversuche, Beziehungen zu Ländern mit Menschenrechtsverstößen).

    ESG-Integration

    bezieht bewusst nicht-finanzielle Informationen in die Finanzanalysen für ihre Anlageentscheidungen mit ein. Dahinter steht die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeitsaspekte, die nicht in der Bilanz ausgewiesen werden, gleichwohl einen großen Einfluss auf die langfristige Entwicklung eines Unternehmens haben können.